Posts for Tag : verbale Kongruenz

۱۳•۵. Polarität der Verbalphrasen  0

 

Als Polarität wird eine grammatische Kategorie bezeichnet, die anzeigt, ob die Handlung oder der Zustand, den die Verbalphrase ausdrückt, gilt (= affirmativ) oder nicht (= negativ):

سرم درد گرفت. (affirmativ) سرم درد نگرفت. (negativ)

Inhaltsverzeichnis

a. Aufbau

In den meisten indoeuropäischen Sprachen besitzen Verbalphrasen keine Kategorie der Polarität. Stattdessen werden negative Sätze mit Negativadverbialen verwendet.

In archaischen Idiomen des Persischen begegnet noch solche Konstellationen mit den Negativadverbialen /ni/ نی und /næ/ نه (bzw. sein Allomorph [mæ] مه in Imperativ- und Optativsätzen):

عقلِ اوّل راند بر عقلِ دوم

ماهی از سر گنده گردد، نی زِ دم

Rumi (13. Jh. n. Chr.)

چون تو را دید زردگونه شده

سرد گردد دل‌ش، نه نابیناست

Rudaki (9. – 10. Jh. n. Chr.)

که: «ای بلندنظر! شاه‌بازِ سِدره نشین!

نشیمنِ تو نه این کنجِ محنت‌آبادست»

Hafes (14. Jh. n. Chr.)

که با اهرمن جفت گردد پری

که مه تاج بادت، مه انگشتری!

Firdausi (10. – 11. Jh. n. Chr.)

In solchen Fällen ist der Satz negativ, obwohl die Verbalphrase affirmativ ist.

Offensichtlich ist aber das Adverb /næ/ نه bereits im Mittelpersischen zum Präfix /næ-/ grammatikalisiert worden. Dieses Präfix wird an infinite Verbformen angehängt, um sie zu negieren:

نرفتن /næræftæn/، نبود /næbud/، نساز /næsɒz/، آمدنیامد /ɒmæd-næjɒmæd/، شایست‌نشایست /ʃɒjest-næʃɒjest/

Negative konjugierte Verbalphrasen werden mit diesen negativen infiniten Verbformen gebildet:

مرا مهرِ سیه‌چشمان زِ سر بیرون نخواهد شد

قضایِ آسمان‌ست این و دیگرگون نخواهد شد

Hafes (14. Jh. n. Chr.)

بی مهرِ رخ‌ت روزِ مرا نور نمانده‌ست

وز عمر مرا جز شبِ دیجور نمانده‌ست

Hafes (14. Jh. n. Chr.)

Dabei sind folgende strukturelle Punkte zu beachten:

  1. Nach der oben vorgestellten Regel muss das proklitische Adverb /mi-/ می vor eine solche negative infinite Verbform platziert werden:

    می‌ندانم چه کنم چاره من این دستان را

    تا به دست آورم آن دل‌برِ پردستان را

    Saadi (12. – 13. Jh. n. Chr.)

    زآن که هر بدبختِ خرمن‌سوخته

    می‌نخواهد شمعِ کس افروخته

    Rumi (13. Jh. n. Chr.)

    Dennoch ist dieses Muster mittlerweile obsolet geworden und das proklitische Adverb /mi-/ می wurde so stark grammatikalisiert, dass es als untrennbar empfunden wird. Daher erscheint das Präfix /næ-/ vor dem proklitischen Adverb /mi-/ می (das heißt, die Verbalphrase wird zum Stamm dieses Präfixes):

    مشتاق آن نگارم، آیا کجاست گویی؟

    با ما نمی‌نشیند، بی ما چراست گویی؟

    Awhadi Maraghai (13. – 14. Jh. n. Chr.)

    همین که کسی به کاری عادت کرد، دیگر به این آسانی‌ها نمی‌تواند ترک کند.

    Ali-Akbar Dehkhoda (19. – 20. Jh. n. Chr.)

    Dabei ist in den modernen westlichen Idiomen (vor allem in der Standardsprache des Iran) zu beachten, dass vor dem proklitischen Adverb /mi-/ der Vokal /æ/ im Präfix /næ-/ in das Allophon [e] antizipativ assimiliert wird: /nemi-ʃævæd/ نمی‌شود, /nemi-dɒnestæm/ نمی‌دانستم

  2. Infinite Verbformen können auch mit dem Allomorph [nɒ-] negiert werden, wenn sie in nicht-konjugierter Form vorliegen:

    آسود زمانی از دویدن

    وز گفتن و هیچ ناشنیدن

    Nisami Gandjavi (12. – 13. Jh. n. Chr.)

    Das gilt sogar dann, wenn die infinite Verbform als Prädikat erscheint (= Infinitus, siehe 12•۱•d.):

    همی ناکرد باید پادشایی

    بزرگی جستن و فرمان‌روایی

    Fakhroddin Asad Gorgani (11. Jh. n. Chr.)

  3. In archaischen Idiomen kann das Präfix /næ-/ im Aufbau des Imperativs und Optativs in das Allomorph [mæ-] umgewandelt werden:

    گفت‌گوهاست در این راه که جان بگدازد

    هر طرف عربده‌ای، این که: «مبین!»، آن که: «مپرس

    Hafes (14. Jh. n. Chr.)

    ساقیا! آمدنِ عید مبارک بادت

    وآن مواعید که کردی مرواد از یادت!

    Hafes (14. Jh. n. Chr.)

  4. Verbalphrasen sind schon ohne Präfix affirmativ. Dennoch wird das Präfix /be-/ zur Betonung der affirmativen Polarität infiniter Verbformen eingesetzt. Syntaktisch folgt dieses Präfix denselben Gesetzen wie das Präfix /næ-/:

    کاشکی قیمتِ انفاس بدانندی خلق

    تا دمی چند که مانده‌ست غنیمت شمرند

    Saadi (12. – 13. Jh. n. Chr.)

    نامه‌ها رسیده که: «فرصت‌جویان می‌بجنبند».

    Abolfazl Beyhaqi (10. – 11. Jh. n. Chr.)

    Aus metrischen Gründen wird das Präfix /be-/ auch zur Betonung der negativen Polarität angewendet:

    دانه تویی، دام تویی، باده تویی، جام تویی

    پخته تویی، خام تویی، خام بمگذار مرا!

    Rumi (13. Jh. n. Chr.)

    غم مخور ای دوست! که‌این جهان بنماند

    آن چه تو می‌بینی آن چنان بنماند

    Saeed Tai (11. – 12. Jh. n. Chr.)

    Der Einsatz des Präfixes /be-/ ist stark vom Idiom sowie vom Modus abhängig. In der Standardsprache des Iran erscheint es zum Beispiel nur mit Präsenspartizipien, und zwar im Aufbau des Imperativs (/bekuʃ/ بکوش) und des Potentialis Präsens (/bekubi/ بکوبی), aber auch in Kopulativkompositionen (/bezæn-bezæn/ بزن‌بزن) und kopulativen Koordinationen (/beriz o bepɒʃ/ بریز و بپاش).

b. Verbale Kongruenz und Inkongruenz der Polarität

(Siehe 13•۶•b. Verbale Kongruenz und Inkongruenz des Numerus und 13•۷•b. Verbale Kongruenz und Inkongruenz der Person.)

Eine Besonderheit der Persischen Sprache ist die verbale Kongruenz der Polarität: Das Prädikat muss eine negative Verbalphrase sein, sobald eine Nominalphrase im Satz negativ ist oder darin das Adverb /hærgez/ (/hærgiz/, /hægerz/) (als Temporativadverbial) vorkommt:

polar2_DE


Somit ergeben sich auf der anderen Seite zwei Formen der verbalen Inkongruenz der Polarität:

  1. Verbale Inkongruenz bei affirmativen Prädikaten:

    Diese Konstellation, die in den meisten indoeuropäischen Sprachen gilt, wird in der Persischen Literatur sehr selten (wahrscheinlich nur aus metrischen Gründen) beobachtet (siehe 7•۱۰•b.):

    مگر می‌رفت استادِ مهینه

    خری می‌برد، بارش آبگینه

    یکی گفت‌ش که: «بس آهسته‌کاری

    بدین آهستگی بر خر چه داری؟»

    «چه دارم؟» گفت: «دل پُرپیچ دارم

    که گر خر می‌بیفتد هیچ دارم»

    Attar Nischapuri (12. – 13. Jh. n. Chr.)

    Diese Inkongruenz sollte unterschieden werden von dem Fall, in dem sich nominale Inexistenzialpronomina sowie inexistenzielle Determinansphrasen zur Übertreibung auf vernachlässigbar kleine Teilmengen beziehen und damit affirmativ sind:

    و گر هیچ خویِ بد آرد پدید

    به سانِ پدر سرش باید برید

    Saadi (12. – 13. Jh. n. Chr.)

    گر هیچ سخن گویم با تو زِ شکر خوش‌تر

    سد کینه به دل گیری، سد اشک فرو باری

    Manoutchehri (10. – 11. Jh. n. Chr.)

    این همه گفتیم، لیک اندر بسیچ

    بی عنایاتِ خدا هیچیم، هیچ

    Rumi (13. Jh. n. Chr.)

    مرا در شعر گویی هیچ کس داشت

    پس آن گه هیچ کس را داد هیچی

    Suzani Samarqandi (12. Jh. n. Chr.)

    (Im letzten Vers ist /hiʧ kæs/ هیچ کس sogar definit!)

  2. Verbale Inkongruenz bei negativen Prädikaten:

    Diese Konstellation kommt nur dann vor, wenn im Satz keine einzige indefinite Nominalphrase vorliegt:

    درویش را نباشد برگِ سرایِ سلطان

    ماییم و کهنه‌دلقی که‌آتش در آن توان زد

    Hafes (14. Jh. n. Chr.)

    دل بنهند بر کَنی، توبه کنند بشکنی

    این همه خود تو می‌کُنی، بی تو به سر نمی‌شود

    Rumi (13. Jh. n. Chr.)